Prädikant Dr. Hermann Richter: Fest der Erscheinung des Herrn – „Epiphanias“

(vorgezogen vom 06.01.21)

 

Aus Psalm 72

Gott, gib dein Recht dem König
und deine Gerechtigkeit dem Königssohn,
      dass er dein Volk richte in Gerechtigkeit
      und deine Elenden nach dem Recht.
Lass die Berge Frieden bringen für das Volk
und die Hügel Gerechtigkeit.
      Die Könige von Tarsis und auf den Inseln sollen Geschenke bringen,
      die Könige aus Saba und Seba sollen Gaben senden.
Alle Könige sollen vor ihm niederfallen
und alle Völker ihm dienen.
      Denn er wird den Armen erretten, der um Hilfe schreit,
      und den Elenden, der keinen Helfer hat.
Und durch ihn sollen gesegnet sein alle Völker,
und sie werden ihn preisen.
      Gelobt sei Gott der HERR, der Gott Israels,
      der allein Wunder tut!
Gelobt sei sein herrlicher Name ewiglich,
und alle Lande sollen seiner Ehre voll werden!

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Gebet

Schöpfer der Welt, du bist in Jesus Mensch geworden. Jesus, unser Heiland, du hast uns die Liebe vorgelebt. Heiliger Geist, hilf uns, dir zu folgen. Amen.

 

Lesung aus dem Alten Testament – Jesaja 60, 1-6

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir! Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht. Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt, kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen und deine Töchter auf dem Arm hergetragen werden. Dann wirst du es sehen und vor Freude strahlen, und dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sich die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt. Denn die Menge der Kamele wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des HERRN Lob verkündigen.



Der Morgenstern ist aufgedrungen (EG 69)

1. Der Morgenstern ist aufgedrungen,
erleucht’t daher zu dieser Stunde
hoch über Berg und tiefe Tal,
vor Freud singt uns der lieben Engel Schar.

3. Christus im Himmel wohl bedachte,
wie er uns reich und selig machte
und wieder brächt ins Paradies,
darum er Gottes Himmel gar verließ.

4. O heilger Morgenstern, wir preisen
dich heute hoch mit frohen Weisen;
du leuchtest vielen nah und fern,
so leucht auch uns, Herr Christ, du Morgenstern!



Evangelium – Matthäus 2, 1-12

Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten. Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1): »Und du, Bethlehem im Lande Juda, bist mitnichten die kleinste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.« Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr’s findet, so sagt mir’s wieder, dass auch ich komme und es anbete. Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. Und da ihnen im Traum befohlen wurde, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem andern Weg wieder in ihr Land.

 

O König aller Ehren (EG 71)

1. O König aller Ehren,
Herr Jesu, Davids Sohn,
dein Reich soll ewig währen,
im Himmel ist dein Thron;
hilf, dass allhier auf Erden
den Menschen weit und breit
dein Reich bekannt mög werden
zur Seelen Seligkeit.

2. Von deinem Reich auch zeugen
die Leut aus Morgenland;
die Knie sie vor dir beugen,
weil du ihn’ bist bekannt.
Der neu Stern auf dich weiset,
dazu das göttlich Wort.
Drum man zu Recht dich preiset,
dass du bist unser Hort.



6. Du wollst in mir entzünden
dein Wort, den schönen Stern,
dass falsche Lehr und Sünden
sein meinem Herzen fern.
Hilf, dass ich dich erkenne
und mit der Christenheit
dich meinen König nenne
jetzt und in Ewigkeit.



Predigt

Wo redet Gott eigentlich zu dir – und wie?

Wer in dieser Jahreszeit den Flagredder hoch oder beim Ansverus-Haus in den Wald ging, konnte in den vergangenen Jahren ein kleines Tannbäumchen entdecken, das weihnachtlich geschmückt war: mit bunten Kugeln und allem, was sein musste – immer woanders. Es dauerte ein paar Jahre, bis ich herausfand, wer das tat. „Hier draußen im Wald, da finde ich meinen Gott“, sagte die Alte. Was mich überraschte: Auch Weihnachtslieder konnten sie nicht in die Kirche locken. Mir zuliebe kam sie einmal; aber ihre Musik sei Rock’n Roll, sagte sie. – Über eine geradezu himmlische Komposition äußerte sich mal ein Wohltorfer Pianist: „Da hat Mozart tief in das Schatzkästlein des Himmels gegriffen!“ Das sollte keine Glaubens-Aussage sein; er empfand es einfach so… – Und ein Handwerker sagte mir einmal, nachdem unser Gespräch von einem vorbeidröhnenden Motorrad übertönt worden war: „Das ist Mozart für mich“: Es klang geradezu religiös.

Ob Gott sich in der Natur offenbart, ist eine alte, umstrittene Frage in der Theologie. Dass Mozart einen Blick in den Himmel gönne, sagen manche Musikliebhaber. Von Offenbarung durch den Sound einer 750er hört man dagegen seltener. Daneben berichten aber auch Wissenschaftler davon, wie die Erkenntnisse ihrer eigenen Zunft sie zu Gott geführt hätten – oder Ärzte. In der Wohltorfer Kirche hat vor einigen Jahren eine Reihe von ihnen davon Zeugnis abgelegt.

Von Wissenschaftlern, die Jesus beschenken und anbeten, schreibt das Matthäus-Evangelium: Neben die Weihnachtsgeschichte des Lukas, bei dem Hirten und Engel – Vertreter der unteren Menschheit und des oberen Himmels – Jesus die Ehre geben und ihn besuchen und besingen, stellt Matthäus drei Männer „aus dem Morgenland“, dem Osten: keine „Könige“, wie wir sie oft nennen oder in Krippenbildnissen darstellen, sondern Weise, Kundige, Wissenschaftler. Wissen ist Macht, damals schon, und sie standen für die intellektuelle Elite, die damals Wissen mit Magie zu verbinden verstand; für die Kraft der Erkenntnis: Sternkundige, Astronomen würden wir heute sagen, Vertreter des intellektuellen Establishments. („Mágoi“ im Griechischen; das Wort Magier leitet sich davon ab – mit einer gewissen Bedeutungsverschiebung.) Sie mögen aus Babylonien gekommen sein, dem heutigen Irak (Globalisierung!) – soziologisch gesehen könnten sie gut in Wohltorf gewohnt und in der Hamburger City oder in Berlin gearbeitet haben: in der Forschung an der Uni oder in der Wirtschaft, wo man mit Erkenntnis und Wissen Geld verdient.

Sie beobachteten Sterne und befragten Menschen – fast so, wie man bis heute beobachtet, Experimente macht und Experten-Interviews oder Umfragen durchführt. Das war das Mixtum ihrer Erkenntnisquellen: Bewegung oben am Himmel, Experiment und Feldstudie hier unten – und ihr persönlicher Einsatz. So kamen sie nach Bethlehem und beteten an. Vorbildlich, könnte man sagen.

Hatte Gott zu ihnen gesprochen? Hätte nicht alles auch in fürchterlichen Missverständnissen enden können? Was war mit Fehlschlüssen, Irrtümern, falschen Interpretationen, Aberglauben oder fehlerhaftem Hineinlesen eigener Vorstellungen in die Beobachtungen und Auswertungen, Ereignisse und Erkenntnisse?

Für die Kirchen des Ostens, die „orthodoxen“ – wörtlich: „rechtgläubigen“ – Kirchen liegt eine wesentliche Quelle der Erkenntnis im Gebet. Auf den ersten Blick nicht auffällig, auf den zweiten aber schon: Es geht diesen Kirchen weniger um Lehre, um „Dogmatik“, um Richtig oder Falsch, als ums Beten und Hören. Wenn wir beten, spreche Gott zu uns, sagen sie. Die römisch-katholische Kirche legt dagegen großen Wert auf die Tradition. Auf den ersten Blick tun das viele Kirchen; auf den zweiten Blick aber tut das die Kirche des Papstes in besonderer Weise: Die Tradition ist für sie zu einer Quelle der Erkenntnis, wie die evangelischen Kirchen sie so nicht akzeptieren.

Zur Prüfung der Erkenntnis, so Luther, dient „allein die Schrift“, d. h. die Bibel – auch wenn sie nicht immer zweifelsfrei ist: Zahllose theologische Streitigkeiten bezeugen das. Und doch ist es sinnvoll, sich der Bibel als Maßstab zu stellen: An ihr sollte sich messen lassen, wer sich auf den Dreieinigen Gott beruft, der die Welt erschaffen hat und den die Christenheit bezeugt, den Vater, Sohn und Heiligen Geist. „Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“, schreibt Paulus (1. Korinther 3, 11).

Nicht ausgeschlossen, dass unser Gott zu uns redet durch die Natur oder ein geschmücktes Tannenbäumchen am Wegrand – und vielleicht durch Mozart oder eine 750er BMW. (Oder war es eine Harley Davidson? Allein schon der Name…!) Und besonders durch die Bibel; verstanden. Und das ist es?

Eben nicht. Die Männer aus dem Osten hätten zu Hause bleiben können oder ihren Assi oder Abteilungsleiter schicken – doch das taten sie nicht. Stattdessen machten sie sich auf eine Reise, die man sich höchst beschwerlich vorstellen muss, und vor allem: auf eine Reise, die sie – nach einer Erkundigung am Regierungssitz (bei Hof) – in ein Kaff führte, das in keinem Navi verzeichnet war: nach Bethlehem. Und dort machten sie sich lächerlich – oder nahmen es jedenfalls in Kauf: Sie beteten das neugeborene Kind an. Weltgewandte Wissenschaftler! Am Anfang ihrer Begegnung stand: Sie ließen sich in Bewegung setzen. Sie gingen los.

„Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die Herrlichkeit des Herrn geht auf über dir!“, so heißt unser Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja. Mache dich auf! Geh los! Sei den Menschen ein Licht! In Wohltorf oder sonst wo. Wie? Erzähle ihnen etwas. Tu etwas, bevor sie Corona zu mächtig werden lassen und es die Welt verdunkelt. Gib ihnen Hoffnung, wo Düsternis droht. Setze ein Zeichen, wo du siehst, dass es nötig ist. Ob mit Mozart oder Rock’n Roll, oder dem geschmückten Bäumchen im Sachsenwald. Und lass dich selbst immer wieder in Bewegung setzen: in Richtung auf den Dreieinigen Gott hin. Er ist der Ursprung deines Lebens – und dessen Ziel.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Jesus ist kommen (EG 66)

1. Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude;
A und O, Anfang und Ende steht da.
Gottheit und Menschheit vereinen sich beide;
Schöpfer, wie kommst du uns Menschen so nah!
Himmel und Erde, erzählet’s den Heiden:
Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden.

4. Jesus ist kommen, der Fürste des Lebens,
sein Tod verschlinget den ewigen Tod.
Gibt uns, ach höret’s doch ja nicht vergebens,
ewiges Leben, der freundliche Gott.
Glaubt ihm, so macht er ein Ende des Bebens.
Jesus ist kommen, der Fürste des Lebens.

7. esus ist kommen, die Quelle der Gnaden:
komme, wen dürstet, und trinke, wer will!
Holet für euren so giftigen Schaden
Gnade aus dieser unendlichen Füll!
Hier kann das Herze sich laben und baden.
Jesus ist kommen, die Quelle der Gnaden.

8. Jesus ist kommen, die Ursach zum Leben.
Hochgelobt sei der erbarmende Gott,
der uns den Ursprung des Segens gegeben;
dieser verschlinget Fluch, Jammer und Tod.
Selig, die ihm sich beständig ergeben!
Jesus ist kommen, die Ursach zum Leben.

 

Gebet

Herr, unser Gott, auch Corona nehmen wir aus deiner Hand – du allein weißt, warum du der Pandemie noch kein Ende gemacht hast.

Wir bitten für alle Kranken und Geschwächten, für alle, die vom Tod bedroht sind, und für alle, die um einen geliebten Menschen trauern.

Wir bitten für alle, die zweifeln, und für alle, die verzweifeln; für alle, die bedrückt sind oder ohne Kraft; für alle, die ohne Hoffnung sind oder keinen Weg mehr sehen.

Wir bitten für alle Menschen im Exil und auf der Flucht, für die Gefangenen und die Gefolterten, für die Entrechteten und die Misshandelten.

Wir bitten dich für alle Hungrigen und Durstigen.

Und wir bitten dich für alles, was wir noch auf dem Herzen haben… … …

Für diese alle und für dieses alles bitten wir dich um dein Erbarmen.

Herr, unser Gott, wir danken dir, dass du bei uns bist und uns stärken willst. Amen.

 

Vaterunser

Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name
Dein Reich komme
Dein Wille geschehe
Wie im Himmel so auf Erden
Unser tägliches Brot gib uns heute
Und vergib uns unsere Schuld
Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Und führe uns nicht in Versuchung
Sondern erlöse uns von dem Bösen
Denn dein ist das Reich
Und die Kraft
Und die Herrlichkeit
In Ewigkeit. Amen



Segen

Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Amen.

 

O du fröhliche

1. O du fröhliche, O du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren, Christ ward geboren:
Freue, freue dich, O Christenheit!

2. O du fröhliche, O du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Christ ist erschienen, uns zu versühnen:
Freue, freue dich, O Christenheit!

3. O du fröhliche, O du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Himmlische Heere jauchzen dir Ehre:
Freue, freue dich, O Christenheit!



Einen gesegneten Sonntag und eine gute erste Woche im Jahr 2021!