Pastor René Enzenauer: Kirche ist. Trotzdem! – Ein Sofa-Gottesdienst zum 2. Sonntag nach Epiphanias

Zu Beginn

Ein Stern, der leuchtet vor uns.
Ein Licht, das leuchtet in uns.
Das ist Epiphanias.
Gott scheint wie ein Licht
und wir scheinen mit Gott.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

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Lied EG 452,1-2.5 Er weckt mich alle Morgen

1. Er weckt mich alle Morgen, er weckt mir selbst das Ohr.
Gott hält sich nicht verborgen, führt mir den Tag empor,
dass ich mit Seinem Worte begrüß das neue Licht.
Schon an der Dämmrung Pforte ist er mir nah und spricht.

2. Er spricht wie an dem Tage, da er die Welt erschuf.
Da schweigen Angst und Klage; nichts gilt mehr als sein Ruf.
Das Wort der ewgen Treue, die Gott uns Menschen schwört,
erfahre ich aufs Neue, so wie ein Jünger hört.

5. Er will mich früh umhüllen mit seinem Wort und Licht,
verheißen und erfüllen, damit mir nichts gebricht;
will vollen Lohn mir zahlen, fragt nicht, ob ich versag.
Sein Wort will helle strahlen, wie dunkel auch der Tag.

 

Aus Psalm 105

Danket dem Herr und rufet an seinen Namen;
verkündigt sein Tun unter den Völkern!

      Singet ihm und spielet ihm,
      redet von allen seinen Wundern!

Rühmet seinen heiligen Namen;
es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen!

      Fraget nach dem Herrn und nach seiner Macht,
      suchet sein Antlitz allezeit!

Gedenket seiner Wunderwerke, die er getan hat,
seiner Zeichen und der Urteile seines Mundes,

      du Geschlecht Abrahams, seines Knechts,
      ihr Söhne Jakobs, seine Auserwählten!

Er ist der Herr, unser Gott,
er richtet in aller Welt.

      Er gedenkt ewiglich an seinen Bund,
      an das Wort, das er verheißen hat für tausend Geschlechter.

 

Gloria

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie es war im Anfang so auch jetzt und alle Zeit. Und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Evangelium bei Johannes im 2. Kapitel

Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa, und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger waren auch zur Hochzeit geladen. Und als der Wein ausging, spricht die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus spricht zu ihr: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter spricht zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut.

Es standen aber dort sechs steinerne Wasserkrüge für die Reinigung nach jüdischer Sitte, und in jeden gingen zwei oder drei Maße. Jesus spricht zu ihnen: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser! Und sie füllten sie bis obenan. Und er spricht zu ihnen: Schöpft nun und bringt’s dem Speisemeister! Und sie brachten’s ihm.

Als aber der Speisemeister den Wein kostete, der Wasser gewesen war, und nicht wusste, woher er kam – die Diener aber wussten’s, die das Wasser geschöpft hatten -, ruft der Speisemeister den Bräutigam und spricht zu ihm: Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie trunken sind, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.

Das ist das erste Zeichen, das Jesus tat. Es geschah zu Kana in Galiläa, und ber offenbarte seine Herrlichkeit. Und seine Jünger glaubten an ihn.

 

Liedstrophe EG 398,1 In dir ist Freude

1. In dir ist Freude in allem Leide,
o du süßer Jesu Christ!
Durch dich wir haben himmlische Gaben,
du der wahre Heiland bist;
hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet,
wird ewig bleiben. Halleluja.
Zu deiner Güte steht unser G’müte,
an dir wir kleben im Tod und Leben;
nichts kann uns scheiden. Halleluja.

 

Der Himmel schmeckt nach Wein – über die Hochzeit zur Kana

I. Wein und Feiern

Wein ist, was man trinkt, wenn das Bier alle ist. Diesen Satz habe ich ausgerechnet hier in Wohltorf einmal laut gesagt. Mit einem Lächeln zwar, aber das Lächeln half nichts. Ich wurde trotzdem böse dafür angeguckt und dann gescholten, denn Wein sei etwas Gutes und Wichtiges und lecker. Und überhaupt!

Na gut, ich gebe zu, dass etwas Wahres dran sein mag. Wie wichtig Wein sein kann, merkt man wohl am besten, wenn er fehlt. Ich erinnere mich an unsere Reformationsparty auf dem Kirchberg vor vier Jahren. Es war ein rauschendes Fest, die Stimmung war grandios. Aber dann wurde der Wein knapp und am Ende waren tatsächlich alle Flaschen leer. Auch wenn das Fest damit noch lange nicht vorbei war, war es doch ein wenig traurig.

Das Fest unterscheidet sich vom Alltag ja gerade dadurch, dass man einmal an nichts sparen muss. Einmal nicht nachdenken, ob es noch ein Gläschen mehr sein darf, oder ein Stückchen Kuchen, oder ein Teller vom Buffet. Beim Feiern ist auch mal was egal. Beim Feiern geht es ja gerade darum, das „Normale“ zu durchbrechen, verschwenderisch zu sein und nicht so vernünftig wie sonst. Einmal nicht selbst seine Wünsche bewirten mit kärglicher Kost. Feiern ist Fülle. Alles ist da. Und noch mehr.

Alles andere ist Alltag. Und der guckt dich dann an, auf einem Fest, vom Boden eines leeren Glases.

 

II. Leere

Im Gegensatz zum Fest, ist es doch im Alltag so: Meistens ist irgendetwas leer. Der Akku im Handy, der Salzstreuer auf dem Küchentisch, der Kühlschrank und manchmal auch das Portemonnaie.

Räume, die eigentlich voller Menschen sein sollten, wie unsere Kirche am Sonntag und unser Gemeindehaus am Dienstag zur Konfizeit oder zur Chorprobe, wie Läden und Geschäfte in der Woche, wie Partykeller an Silvester, wie Kitas, Schulen und Büros. In diesen Zeiten sind viele Räume notgedrungen: traurig leer.

Dann sind da noch die Leerstellen im Leben, die Lücken, die man manchmal eher fühlt als sieht. Das Gefühl einer Lücke bei den Fragen Wofür? und Warum?, bei Sinn und Zweck und beim Ziel. Und da ist die Lücke an der Stelle, wo früher jemand war, der jetzt gegangen ist: eine Freundin, ein Freund, eine Liebe, ein Mensch, um den du trauerst.

Die Fülle im Alltag ist selten. Irgendwas ist immer leer.

 

III. Du kannst etwas erwarten

Doch das soll anders sein. Genau davon erzählt die Geschichte von der Hochzeit zu Kana. Es ist das erste Wunder, das Jesus im Johannesevangelium tut. Und es fällt in jeder Hinsicht aus dem Rahmen aller anderen Wundergeschichten.

Jesus zeigt sich nicht zuerst den Mühseligen und Beladenen, sondern den Feiernden und Fröhlichen. Niemand wird geheilt, niemand kann nach diesem Wunder wieder sehen, niemand kann wieder hören. Es steht auch kein Toter auf und es wird auch kein Gelähmter zu einem, der wieder gehen kann. Es fehlt die Schwere des Lebens aus den anderen Gleichnissen, die ein Leben widerspiegeln, in dem Leere ist, in dem es Lücken gibt, in dem etwas fehlt.

Hier ist die Szene anders: eine Hoch-Zeit. Das Lächeln der Braut unter dem Schleier, das Strahlen in den Augen des Bräutigams, das Paar beim Tanz umringt von seinen Gästen. Ein Fest, das den Alltag durchbricht. Ein Moment reiner Gegenwart, der die Anstrengung der Vorbereitungen ebenso vergessen sein lässt wie das Aufräumen am Morgen danach. Ein Moment, der lebendig bleiben wird in der Erinnerung, egal was die Zukunft bringt. Hier ist Jesus, mitten in der Fülle des Lebens.

Und von ihm ist etwas zu erwarten. Man kann sich gefasst machen. Das spürt jeder. Zuerst seine Mutter. Sie müsste ihn am besten kennen. Aber was genau sie von ihrem Sohn erwarten soll, weiß sie auch nicht: Sie haben keinen Wein mehr. Eine Feststellung, ganz nach Mütterart: Dein Zimmer müsste mal wieder aufgeräumt werden. Und Jesus reagiert nach Art eines Kindes, das sich abnabelt: Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau? 

Ich kenne kaum eine Mutter, die sich das gefallen lassen würde. Aber irgendwie gelingt es Maria doch ganz gut, damit umzugehen: Was immer er euch sagt, das tut.

Vielleicht klingt da ein wenig Resignation hindurch. Oder auch eine wohltuende Distanz: Es ist seine Sache, nicht meine. Oder es ist Gelassenheit angesichts der drohenden Leere in den Gläsern, aus der die Alltagsleere einen anschielt. Vielleicht hat sie die gelassene Weisheit zu unterscheiden, zwischen den Dingen, die sie ändern und denen, die sie nicht ändern kann.

Sie haben keinen Wein mehr, sagt sie nur. Das Fest ist gleich zu Ende, wenn die Becher leer sind. Es ist ja nichts mehr da. So ist das eben. Ob es schon genug war, wer fragt danach? War es genug? Eine Frage, eingeritzt in den Boden des Bechers, der das Leben ist.

 

IV. Lebensbecher

Dieses Scheißleben, das kann doch nicht alles gewesen sein. Das sagt einer in einem Roman. Ein Weinhändler. Er hat die Fülle des Lebens erlebt und wieder verloren. Er hat das gute Leben gelebt und liegt jetzt in der Leere einer leergeräumten Wohnung in einem Schlafsack und schlürft aus einem Suppenteller teuren Rotwein, damit er besser wirkt.

Dieses Scheißleben, das kann doch nicht alles gewesen sein. War es genug? War das alles, Kindheit, Schule, Ausbildung, Hochzeit oder auch nicht, Familie oder auch nicht, Ruhestand, Alter?

Manche stellen die Frage mittendrin in ihrem Leben, andere erst am Ende. Jetzt, wo wir die Begrenztheit unseres Lebens so deutlich spüren, wo die Freude und die Fülle so sehr fehlen, fragen wir das erst recht. War es genug? Wird dein Durst gestillt sein, wenn der Becher deines Lebens ausgetrunken ist?

 

V. Der Himmel schmeckt nach Wein

Diese Frage braucht sich niemand Stellen. Das will die Hochzeitsgeschichte sagen. Der Becher deines Lebens wird nicht leer. Denn es gibt einen, der die Leere füllt. Das erzählt Johannes programmatisch. Ein Statement, bevor alles andere seinen Lauf nimmt.

Das erste, was der Sohn Gottes in der Öffentlichkeit macht, ist: Er sorgt für guten Wein in rauen Mengen. Keine Heilung. Keine Totenauferweckung. Stattdessen: Wein! Umgerechnet 600 Liter, 800 Flaschen, in gehobener Qualität. Und er sagt: Schöpft! Schöpft aus dem Vollen. Trinkt und feiert.

Das ist ein Vorgeschmack. Das ist eine Unterbrechung des Alltags, eine Unterbrechung des Lebens mit seinen Leeren und Lücken. Stattdessen: ein Fest, das daran erinnert wie das Leben sein kann und wie es sein soll – jenseits vom Notwendigen und Unvermeidbaren, jenseits der Leere. Leben aus der Fülle, inmitten von Musik und Tanz und der Freude am lebendig Sein. Ein Leben mit Gott, der die Leere und die Lücken füllt. Der Himmel schmeckt wie Wein in immer vollen Bechern!

 

VI. Auf das Leben

Mit Jesus kommt das gute Leben, sagt Johannes. Und keiner merkt es außer einem, außer dem Speisemeister. Denn noch waren die Becher nicht bis zum Boden geleert. So werden nur wenige überhaupt merken, wie gut der Wein plötzlich ist. Keiner bekommt die randvollen Krüge zu sehen. Sie trinken und sie feiern, sie lachen und tanzen, wie sie es vorher schon getan haben. Es ist ein Wunder ohne Not, in der Mitte des Lebens, nicht an seinen Rändern. Und trotzdem ein Wunder, das keiner mitbekommt, noch ohne öffentliche Wirkung, ohne großes Staunen. Jesus, wie der Zauberlehrling, der Auszubildende in Sachen Wunder. Nur sein engster Kreis sieht und versteht, was er da tut. Bis alle Welt ihm nachläuft, bis Lahme gehen und Blinde sehen und Tote wieder lebendig werden, wird noch Zeit vergehen.

Doch seitdem, seit Kana, sorgt er dafür, dass dieses Fest nicht endet. Die Alltagsunterbrechung, das Fest gegen die Leere, dauert an. Bis heute. Denn er ist gekommen, damit wir aus dem Vollen schöpfen können. Also: Auf das Leben. Amen.

 

Liedstrophe EG 398,2 In dir ist Freude

2. Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden
Teufel, Welt, Sünd oder Tod;
du hast’s in Händen, kannst alles wenden,
wie nur heißen mag die Not.
Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren
mit hellem Schalle, freuen uns alle
zu dieser Stunde. Halleluja.
Wir jubilieren und triumphieren,
lieben und loben dein Macht dort droben
mit Herz und Munde. Halleluja.

 

Gebet

Barmherziger Gott, so wie ein Stern leuchtet, so leuchtest du für uns.

Mit deinem Licht gehst du mit uns durch unser Leben. Unsere Welt machst du hell und füllst sie mit Freude und Liebe.

Wir bitten dich: Erleuchte unser Leben, wenn es dunkel um uns wird.
Dunkel vor Angst, Dunkel vor Trauer, Dunkel vor Schmerz und Krankheit.

Schaffe Klarheit mit deinem Licht, wenn alles durcheinander gerät, wenn wir unsicher werden und ratlos, wenn wir nicht wissen, welchen Weg wir gehen sollen.

Durch deine Freude mache unser Leben hell, damit neue Kraft schöpfen, damit wir anderen Freude weiter geben, damit wir neue Hoffnung finden.

Gott lass dein Licht leuchten für deine Kirche, für unsere Gemeinde, wenn sich vieles verändert, wenn Fragen kommen, was die Zukunft bringt.

Gott lass dein Licht leuchten für die Welt, sodass überwunden wird, was trennt.

Amen.

 

Vaterunser

Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute
und vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

 

Segen

So bleibt bewahrt in Gottes Frieden,
in Gottes Liebe, mit seinem Segen.

 

Gott segne dich und behüte dich.
Gott lasse leuchten das Angesicht über dir und sei dir gnädig.
Gott erhebe das Angesicht auf dich
und gebe dir
+ Frieden.

Amen.

 

*** Von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade. ***

(Joh 1,16)